Privatinsolvenz, Steuererklärung und Steuererstattung

Auch während der Privatinsolvenz als einem - wenn auch unerfreulichen - zeitlich begrenzten Lebensabschnitt bleibt die Pflicht zur Steuererklärung unverändert bestehen. Für den Insolvenzschuldner stellt sich die Frage, wer in welchem Stadium der Verbraucherinsolvenz dafür zuständig und verantwortlich ist.

Mit der Steuererklärung werden gegenüber dem örtlichen Betriebsfinanzamt auf einem mehr- bis vielseitigen Vordruck alle steuerrelevanten Tatsachen erklärt. Auf deren Grundlage wird die tatsächliche Steuerlast errechnet und anschließend ein rechtsbehelfsfähiger Steuerbescheid erstellt. Daraus ergibt sich entweder eine Steuernachzahlung oder eine Steuererstattung.

Die Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung ist in § 149 AO, der Abgabenordnung geregelt. Dort heißt es eher allgemein formuliert, „….. dass die Steuergesetze bestimmen wer zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet ist, und dass darüber hinaus auch das Finanzamt zur Abgabe einer Steuererklärung auffordern kann …..“. Steuerpflichtig ist jeder Bürger als natürliche Person, sobald er aufgrund seiner Lebenssituation eigenes Einkommen oder Vermögen erzielt.

Auch während der Privatinsolvenz als einem - wenn auch unerfreulichen - zeitlich begrenzten Lebensabschnitt bleibt die Pflicht zur Steuererklärung unverändert bestehen. Für den Insolvenzschuldner stellt sich die Frage, wer in welchem Stadium der Verbraucherinsolvenz dafür zuständig und verantwortlich ist.

Der Insolvenzzeitraum ist aufgeteilt in die

• eigentliche Privatinsolvenz beginnend mit dem Eröffnungsbeschluss und endend mit dem Aufhebungsbeschluss des Insolvenzgerichtes zur Beendigung des Insolvenzverfahrens

• Wohlverhaltensperiode, kurz WVP, beginnend direkt im Anschluss an die Aufhebung des Insolvenzverfahrens, endend sechs Jahre nach Eröffnung der Privatinsolvenz und dann unmittelbar gefolgt von der angestrebten Restschuldbefreiung

Während der Privatinsolvenz muss die Steuererklärung zwingend vom Treuhänder abgegeben werden, in der anschließenden WVP hingegen von dem Betroffenen als dem Steuerpflichtigen. Gegenüber dem Treuhänder ist der Insolvenzschuldner zur Mitwirkung verpflichtet. Dazu gehört unter anderem die Zurverfügungstellung aller für die Steuererklärung relevanten Unterlagen. Sofern während der Privatinsolvenz die Steuererklärung von einem Steuerberater erstellt wird, werden die damit verbundenen Kosten aus der Insolvenzmasse beglichen.

Steuerrückerstattung während der Privatinsolvenz

Während des laufenden Insolvenzverfahrens, also zwischen den beiden Beschlüssen des Insolvenzgerichtes über die Eröffnung und über die Aufhebung der Insolvenz, gehen Zuständigkeit und Verantwortung über das Vermögen des Insolvenzschuldners auf den Treuhänder über. Dazu gehören Einnahmen und Ausgaben sowie Forderungen und Verbindlichkeiten.

Vor diesem Hintergrund gehört eine Steuerrückerstattung während der Privatinsolvenz zur Insolvenzmasse, sofern die Rückerstattung den beiden Zeiträumen vor der Insolvenzeröffnung und während des Insolvenzverfahrens zuzurechnen ist. Der Treuhänder gibt die Steuererklärung ab und bekommt die Steuerrückerstattung ausgezahlt. Sie wird der Insolvenzmasse zugerechnet und anteilmäßig auf die Gläubiger verteilt.

Ein Sonder- beziehungsweise Ausnahmefall ist die Nachtragsverteilung. Sie wird angeordnet, wenn noch nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens Vermögenswerte ermittelt werden. Ein Beispiel dafür ist die zeitlich verspätete Steuerrückerstattung rückwirkend für den Zeitraum des mittlerweile beendeten Insolvenzverfahrens.

Die Steuererklärung während der Wohlbehaltungsphase

Während der WVP ist der Betroffene, wie man sagt, wieder Herr des Geschehens. Dazu gehören auch Zuständigkeit und Verantwortung für die eigenen Finanzen. Die oftmals subjektiv als Übergriffigkeit empfundene Kompetenz des Treuhänders endet mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens. Demzufolge ist der Insolvenzschuldner für die Steuererklärung während der Wohlbehaltungsphase wieder selbst zuständig.

Jetzt stellt sich die Frage, ob er als Steuerpflichtiger in der WVP die Kosten der Privatinsolvenz, und zwar diejenigen für den Treuhänder, steuerlich geltend machen kann.

Dazu hat der Bundesfinanzhof in seinem Urteil aus August 2016 [Az. VI R 47/13] richtungsweisend entschieden

- Die steuerliche Geltendmachung als außergewöhnliche Belastung ist bei Zwangsläufigkeit möglich.

- Zwangsläufig wird dahingehend definiert, dass die Privatinsolvenz nicht selbstverschuldet ist.

- Selbstverschulden ist beispielsweise eine unwirtschaftliche Haushaltsführung.

- Ein aktuelles Beispiel für Zwangsläufigkeit ist die Corona-Krise, so wie sie sich seit dem ersten Quartal 2020 darstellt.

Privatinsolvenz und Steuererstattung in der Wohlverhaltensphase

Während der Privatinsolvenz ist eine Steuererstattung in der Wohlverhaltensphase immer und auf jeden Fall möglich. Entscheidend ist dabei, wer über den Ertattungsbetrag letztendlich verfügen darf.

• Handelt es sich um eine Steuererstattung für den Erklärungszeitraum während der WVP, verbleibt der Erstattungsbetrag beim Steuerpflichtigen, also beim Insolvenzschuldner

• Bezieht sich die Steuererstattung auf den vorangegangenen, den eigentlichen Insolvenzzeitraum, dann gehört sie zur Insolvenzmasse und steht dem Treuhänder zur Verfügung

• Kompliziert wird die Situation, wenn von der Steuererstattung beide Zeiträume, also Insolvenz + WVP, betroffen sind. In diesem Fall gilt die Nachtragsverteilung gemäß § 203 InsO. Nach Absatz 1 Nr. 1 „….. ordnet das Insolvenzgericht auf Antrag des Insolvenzverwalters, eines Insolvenzgläubigers oder von Amts wegen eine Nachtragsverteilung an, wenn nach dem Schlusstermin zurückbehaltene Beträge für die Verteilung frei werden …..“.

Das gilt für die nachträglich in den Zeitraum der WVP hineinfallende Steuererstattung. Der Erstattungsbetrag wurde insofern zurückbehalten, als er vom Betriebsfinanzamt erst dann ermittelt und ausgezahlt werden konnte, nachdem die Steuererklärung abgegeben worden ist.

Privatinsolvenz: Steuererklärung und gemeinsame Veranlagung

Eine gemeinsame Veranlagung, die fachsprachliche Ehegattenveranlagung ist in den §§ 26 ff EStG, des Einkommensteuergesetzes geregelt. Der gemeinsamen Veranlagung müssen beide Steuerpflichtige zustimmen.

Auch während der Privatinsolvenz sind Steuererklärung und gemeinsame Veranlagung möglich. Unterzeichnet wird die Steuererklärung für den Insolvenzschuldner von seinem Treuhänder sowie von dem steuerpflichtigen Ehegatten. Das Finanzamt verteilt anhand der abgeführten Lohn-/Einkommensteuern in dem Steuerbescheid die Erstattungsbeträge anteilig auf beide Ehepartner. Die Erstattung erfolgt dann an den Treuhänder sowie an den nicht in der Privatinsolvenz befindlichen Ehepartner. Damit ist sichergestellt, dass dem steuerpflichtigen Ehegatten kein finanzieller Nachteil entsteht.

Während der Privatinsolvenz müssen beide Ehepartner ihre Steuerklasse so wählen, wie es der wirtschaftlich denkende Partner auch ohne das Insolvenzverfahren täte. Geschieht das nicht, dann kann diese Unterlassung als Obliegenheitsverstoß und Anlass zur Versagung Restschuldbefreiung gewertet werden.

Fazit

Während der Wohlverhaltensphase ist der Insolvenzschuldner wieder derselbe Steuerpflichtige mit allen Rechten und Pflichten, der er vor der Insolvenzeröffnung gewesen ist. In der Zwischenphase der Insolvenz von der Eröffnung bis zur Aufhebung tritt an seine Stelle der Treuhänder.

Stand: 28.04.2020